Vormessen mit Inertialmesssystem

Beim Vormessen mit einem Inertialmesssystem wird die relative Gleislage mit Hilfe einer inertialen Messeinheit (engl.: Inertial Measurement Unit = IMU) bestimmt. 
Bei einer IMU handelt es sich um ein Multisensorsystem, mit dem die freie Bewegung eines Körpers im Raum erfasst werden kann. Mit Hilfe von drei senkrecht aufeinander stehenden Beschleunigungssensoren wird die Bewegung des Körpers entlang der jeweiligen Koordinatenachse erfasst, indem durch Integrieren der Messwerte zunächst die Geschwindigkeit berechnet und durch nochmaliges Integrieren der zurückgelegte Weg berechnet werden kann. Drei Kreiselkompasse (engl.: gyro) erfassen die Rotation des Körpers um die x-, y- und z-Achse, sodass aus der Kombination dieser Messdaten eine dreidimensionale Trajektorie (Fahrweg) abgeleitet werden kann. Kennt man die Startposition des Körpers in einem beliebigen Koordinatensystem, so stehen in der Folge für jeden Punkt der gemessenen Trajektorie die Koordinaten im Bezugssystem zur Verfügung.


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Ein Nachteil des Systems liegt in der Drift, der die einzelnen IMU-Sensoren unterworfen sind. Drift bedeutet in dem Fall, dass eine Bewegung bzw. Rotation erkannt wird, obwohl das System eigentlich in einer Ruheposition ist. Diese Drift nimmt mit fortlaufender Dauer exponentiell zu und führt dazu, dass die Abweichung von der tatsächlichen Position immer weiter zunimmt. Dem steuert man durch das Messen von Synchronisationspunkten entgegen, deren koordinatenmäßige Position bekannt ist und korrigiert dadurch die Drift in regelmäßigen Abständen je nach geforderter absoluter Genauigkeit.

Gleismesssystem Trimble GEDO IMS Bestehend aus Gleismesswagen Trimble GEDO CE 2.0 mit IMU und Profiler

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Um die Gleislage zu erfassen, wird die IMU auf einem Gleismesswagen fest montiert. Der Gleismesswagen ist zusätzlich mit einem präzisen Neigungssensor sowie einem Spurweitensensor und einem Wegmessrad (Odometer) ausgestattet, sodass alle relevanten Parameter wie Überhöhung, Spurweite und relative Gleislage in einem Arbeitsgang erfasst werden können. Um den nötigen Bezug zur absoluten Gleislage herstellen zu können, ist auf dem Gleismesswagen ein weiteres Messgerät, der Profiler, integriert. Der Profiler besteht aus einem Streckenmesser (Laserentfernungsmesser), der reflektorlos den Abstand zwischen Gleismesswagen und Festpunkt (GVP) bestimmt. Als Anzielhilfe dient ein roter Laserpunkt. Der zweite Bestandteil ist ein Winkelencoder, mit dem sich der Vertikalwinkel zwischen Bezugshorizont und dem GVP bestimmen lässt.

Anzielen der Messmarke an einem GVP mit dem Profiler

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Mit dem Profiler werden am Festpunkt der horizontale seitliche Abstand der Gleisachse und die Höhendifferenz zur Schienenoberkante der Bezugsschiene bestimmt. Vergleicht man nun die Istwerte am GVP mit den Sollwerten, ergeben sich daraus die Hebe- und Verschiebewerte an dieser Position. Darüber hinaus dient die Festpunktmessung der Verortung des Gleismesswagens, also an welcher Station auf der Gleistrasse er sich gerade befindet. Werden auf diese Art und Weise zwei aufeinander folgende GVP angemessen, kann zwischen diesen beiden Punkten mit der IMU die Trajektorie gemessen werden. Durch die Kombination beider Messungen entsteht in der Folge für jeden Punkt der Trajektorie ein Hebe- und Verschiebewert zur Solltrasse, die als Datengrundlage für die Steuerung einer Stopfmaschine genutzt werden kann. Analog zum Zwei-Wagen System können Masten auch überspannt werden, sodass die Produktivität steigt, aber auch der Grundgedanke des Langsehnenverfahrens erfüllt wird.

Datenaufbereitung für Stopfmaschinen in Trimble GEDO Office Modul Tamp

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Das Vormessen mit einem Inertialmesssystem bietet einige Vorteile. Da keine optischen Messmittel mehr verwendet werden, gibt es weder Einschränkungen durch Sichthindernisse noch witterungsbedingte Einflüsse. Das System kann durch nur eine Person betrieben werden. Das bringt nicht nur einen Kostenvorteil, sondern dient auch der Verbesserung des Sicherheitsaspekts.

Aufgrund des großen Geschwindigkeitsvorteiles gegenüber allen anderen händischen Messmitteln – üblich sind durchschnittlich 3 km/h – wird das Inertialmesssystem Trimble GEDO IMS vermehrt im Bereich von Durcharbeitungen sowie 6-Wochen Stopfgängen eingesetzt.

Ein weiterer Einsatzbereich des Systems liegt auf Strecken, bei denen weder Gleisvermarkung noch Sollgeometrie bekannt sind. Durch Kombination mit einem GNSS-Empfänger wird der Wagen absolut positioniert und die Gleistrajektorie mit der IMU bestimmt. Zwar ist dann die absolute Gleislage nur mit GNSS Genauigkeit bestimmt (cm-Bereich), aber die relevantere innere Gleisgeometrie wird hochgenau über die IMU gemessen. Man erhält so 3D-Koordinaten im Bezugssystem, die ihrerseits als Grundlage für eine Trassierung des Gleises dienen können. Mit der neu entstandenen Trasse können die Daten wiederum an die Stopfmaschine übergeben werden.

Während des Gleisaufmaßes kann der Profiler dazu benutzt werden, neu gesetzte Gleisvermarkungspunkte zu erfassen. Im Zuge der Datenauswertung erhält jeder Punkt Koordinaten im gleichen Bezugssystem wie die neue Trasse, sodass für eventuell nachfolgende Vermessungsarbeiten nicht mehr das GNSS genutzt werden muss, sondern die neue Gleisvermarkung.

In freundlicher Zusammenarbeit mit  ©Trimble Railway GmbH

Track measuring trolley Trimble GEDO CE 2.0 with GNSS receiver, IMU and profiler

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Der Gleislage auf der Spur

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