Feste Fahrbahn

Die Ansprüche an das System Eisenbahn haben sich seit den Anfängen stark geändert. Das betrifft nicht nur Parameter wie Achslast und Geschwindigkeit, sondern auch weniger offensichtliche Einflussfaktoren wie Zuglänge und Zugfrequenz.

Neben der klassischen Oberbaukonstruktion des im Schotter schwimmend lagernden Gleisrostes entwickelten sich einzelne Bauformen mit unterschiedlichem Erfolg. Der Eisenbahnfahrweg erreicht durchschnittlich eine Nutzungsdauer zwischen 30 und 60 Jahren. Kombiniert mit den großen notwendigen finanziellen Investitionen, setzen sich Neuerungen im Bereich des Eisenbahnfahrwegs nur langsam durch. Den Sektor daher als innovationsträge zu bezeichnen, wäre falsch. Die zahlreichen und teilweise national unterschiedlichen Zulassungsbestimmungen machen es jedoch schwierig, neue Produkte einzuführen. Änderungen im Fahrweg ziehen teilweise sicherheitsrelevante Auswirkungen nach sich, weshalb eine eingehende Prüfung verständlich ist. Aktuelle Bemühungen auf europäischer Ebene sollen den Prozess verkürzen, um die Innovationsmöglichkeiten zu erleichtern.

Feste Fahrbahn erlaubt auch Weichenkonstruktionen
Feste Fahrbahn erlaubt auch Weichenkonstruktionen
© Thorsten Schaeffer

Ursprünglich wurde Schotter aufgrund seiner hohen Verfügbarkeit und guten Instandhaltungsmöglichkeiten als Grundlage für den Eisenbahnfahrweg gewählt. Er ist aktuell allerdings auch jene Komponente, die die Nutzungsdauer des Gesamtsystems beschränkt. Beeinflussten früher noch Schwelle und Schiene den Austausch des Gesamtsystems, so ist es durch die gesamtheitlich gestiegene Nutzungsdauer nun verstärkt der Schotter. Erst durch die Erfindung der Schwellenbesohlung konnten die Eigenschaften des Schotteroberbaus entscheidend verbessert werden.

Der negative Einfluss des Schotters auf die Nutzungsdauer führte zu ersten Überlegungen des schotterlosen Oberbaus. Der Schotter wird durch Tragschichten aus Beton oder Asphalt ersetzt, die im Gegensatz zum Schotter keine oder nur geringfügige plastische Verformungen aufweisen. Die zusätzliche fehlende Elastizität dieser Schichten wird durch den bewussten Einsatz von elastischen Komponenten ausgeglichen. Nur so kann die notwendige Durchbiegung der Schiene und die daraus folgende Lastverteilung auf mehrere Stützpunkte realisiert werden.

Der Einsatz von Festen Fahrbahnen erfordert setzungsfreie bzw. setzungsarme Untergründe. Inhomogene Setzungen können von der gewählten Tragkonstruktion nur schwer bzw. überhaupt nicht ausgeglichen werden. Erste Versuche mit der Festen Fahrbahn wurden bei der DB 1959 im Hengstenberger Tunnel und im Schönsteiner Tunnel durchgeführt. Auf der freien Strecke wurde sie 1967 im Bahnhof Hirschaid erstmals eingebaut. Die ersten Anwendungen waren allerdings von wenig Erfolg gekrönt. In den Tunnelbereichen versagten die Befestigungsbolzen durch Korrosion und auf der freien Strecke spiegelten sich die negativen Folgen von Setzungen im Untergrund im System wider. Nur 23 Jahre nach dem Einbau musste der Bahnhof Hirschaid erneut umgebaut werden. Dennoch zeigte das System durch seine geringe Instandhaltungsnotwendigkeit mögliche Vorteile gegenüber dem konventionellen Schotteroberbau.[1]

System ÖBB-PORR
Feste Fahrbahnsystem im Hauptbahnhof Wien
© Franz Piereder

In Japan werden die Strecken der Hochgeschwindigkeitsstrecken Shinkansen auf Pfahlbauwerken gegründet. Der daraus entstehende homogene Untergrund bildet die beste Voraussetzung für die kontinuierliche homogene Lagerung des Gleisrostes der Festen Fahrbahn. Daher entschied man sich auch nach Problemen mit dem Schottergleis (Tokio – Osaka) generell für die Bauweise der Festen Fahrbahn.[1]

Die Voraussetzung für den Erfolg des Systems Feste Fahrbahn ist die setzungsarme Gründung. Durch die gezielte Anordnung von elastischen Elementen gelingt es, die Steifigkeiten der einzelnen Schichten aufeinander abzustimmen.[2] 

Der Aufbau einer Festen Fahrbahn setzt sich ganz allgemein aus folgenden Teilkomponenten zusammen:

  • Schiene
  • Schienenbefestigung
  • Schwelle
  • Beton- oder Asphalttragschicht
  • hydraulisch gebundene Tragschicht
  • Frostschutzschicht
  • Untergrund

Über die Jahre haben sich unterschiedliche Arten der Festen Fahrbahn entwickelt. Im Allgemeinen lassen sich diese hinsichtlich ihrer Konstruktion in Europa in zwei Gruppen unterscheiden.[1]

Einteilung unterschiedlicher Modelle der Festen Fahrbahn
Einteilung unterschiedlicher Modelle der Festen Fahrbahn
© Plasser & Theurer

Eingelagerte Bauweise

Bei der eingelagerten Bauweise entsteht ein kraftschlüssiger Verbund zwischen dem Gleisrost und der Tragschicht. Der Gleisrost wird in einem ersten Schritt entweder klassisch über die einzelnen Schwellen oder durch vorgefertigte Einbauteile eingebracht. Nach der geometrischen Ausrichtung (oftmals durch Spindeln) und einer möglichen Verspannung der Schienenbefestigungen erfolgt das Hinterfüllen mit Ortbeton.

Vertreter: 

  • Bauart RHEDA
  • Bauart Heitkamp
  • Bauart SBV
  • Bauart Züblin
  • Bauart SBB-Bözberg/Stedef
  • Bauart LVT
System Bözberg/STEDEF Flughafen Zürich
System Bözberg/STEDEF Flughafen Zürich
© Plasser & Theurer

Aufgelagerte Bauweise

Bei der aufgelagerten Bauweise kommt es nicht zu einer kraftschlüssigen Verbindung zwischen dem Gleisrost und der Tragschicht. Die vertikale Soll-Lage des Gleises wird über die Tragschicht hergestellt. Ein aufwendiges Spindeln kann hier also entfallen. Aufgelagerte Bauweisen werden vor allem mit Asphalttragschichten ausgeführt, auf die im Anschluss die mit Vlies besohlten Schwellen abgelegt werden. Verhindert das Eigengewicht des Gleisrostes das Abheben bei einer Zugüberfahrt nicht, müssen die Schwellen vertikal verankert werden. Der am Vorkopf und im Schwellenzwischenfach eingesetzte Schotter schützt die Tragschicht vor UV-Strahlen und Wärme und stabilisiert die horizontale Gleislage.

Vertreter: 

  • Bauart SATO
  • Bauart ATD
  • Bauart BTD
  • Bauart Walter
  • Bauart GETRAC

Stützpunktlagerungen ohne Schwellen

Bei dieser Art der Lagerung entfällt die Schwelle und die Schiene wird direkt mit der Tragschicht aus Beton verbunden. Hinsichtlich der Ausführung unterscheidet man:

  • monolithische Lagerung vor Ort
  • Einsatz vorgefertigter Platten oder Rahmen

Vertreter: 

  • Rasengleis
  • Bauart Hochtief/Schreck-Mieves/Longo
  • Bauart FFC
  • Bauart BES
  • Bauart BTE
  • Bauart Bögl
  • Bauart ÖBB-PORR
System ÖBB-PORR nach der Vergießung
System ÖBB-PORR nach der Vergießung
© Franz Piereder

Kontinuierliche Lagerung

Die Schiene wird ohne Schienenbefestigung auf einem Längsträger in einem eigens dafür vorgesehenen Freiraum ausgerichtet. Danach wird die Schiene mehrheitlich vergossen und durch die elastischen Elemente in ihrer Lage stabilisiert. Durch die großflächige Ummantelung wird diese Bauweise vor allem in schall- und schwingungsintensiven Gebieten eingesetzt.  

Eingeklemmte Schienen werden in Vollbahnen nicht verwendet und daher in diesem Kapitel nicht weiter beschrieben.

Vorteile der Festen Fahrbahn

  • weitgehende Wartungsfreiheit
  • Reduktion der Instandhaltungskosten
  • Erhöhung der Kapazität
  • kein Schotterflug bei hohen Geschwindigkeiten
  • uneingeschränkter Einsatz der Wirbelstrombremse

Nachteile der Festen Fahrbahn 

  • hohe Investitionskosten
  • schlechte Luftschalleigenschaften
  • Risiko von Lageänderungen durch schwer mögliche Korrektur
  • hohes Gewicht
  • hoher Instandhaltungsaufwand durch Entgleisungsschäden

Passende Fachliteratur zur Bahninfrastruktur finden Sie hier:

Entwicklungsgeschichte der Festen Fahrbahn im Eisenbahnoberbau

Die Entwicklungsgeschichte der Festen Fahrbahn im Eisenbahnoberbau vom Steinschwellen-Oberbau im Jahr 1835 zur heutigen Festen Fahrbahn ist Gegenstand der Dokumentation, die Dipl.-Ing. (FH) Werner Fiebig in vielen Jahren akribischer Suche zusammengestellt hat.

Diese einmalige Dokumentation basiert auf zum Teil exklusivem, bislang unveröffentlichtem Material. Der Autor hat sich der Thematik angenommen und die Entwicklungen im Eisenbahnoberbau sehr bildreich dargestellt und mit vielen Graphiken belegt.

Feste Fahrbahn - Konstruktion und Bauarten für Eisenbahn und Straßenbahn

Feste Fahrbahn - Konstruktion und Bauarten für Eisenbahn und Straßenbahn

Die Feste Fahrbahn hat sich als eine neue innovative Oberbaukonstruktion auch in Europa zu einer echten Alternative zum traditionellen Schotteroberbau entwickelt. Über die Anwendung der Festen Fahrbahn in Deutschland hinaus werden auch Beispiele aus den Nachbarländern Österreich, der Schweiz und den Niederlanden betrachtet. Des Weiteren wird ausführlich über die Feste Fahrbahn im spurgeführten ÖPNV berichtet, wo eine verbreitete Anwendung zu verzeichnen ist.
In dieser 2., erweiterten und überarbeiteten Neuauflage werden besonders die schwellenlosen Bauarten berücksichtigt.


  1. [1] Darr, E.; Fiebig, W.: Feste Fahrbahn. Konstruktion und Bauarten für Eisenbahn und Straßenbahn. VDEI-Schriftenreihe. Eurailpress Tetzlaff-Hestra, Hamburg, 2006.
  2. [2] Freystein, H.; Muncke, M.; Schollmeier, P.: Handbuch Entwerfen von Bahnanlagen. Regelwerke, Planfeststellung, Bau, Betrieb, Instandhaltung. Eurailpress, Hamburg, 2015.