Grundlagen der Weichen

Die Ausweichstellen der Schifffahrt gaben der heutigen Weiche ursprünglich ihren Namen[1]. Bereits im 18. Jahrhundert wurden Weichen in den ersten Grubenbahnen in England verwendet. Sie erlaubten, zwischen unterschiedlichen Gleisen ohne Unterbrechung der Fahrt zu wechseln. Das unterscheidet Weichen auch von anderen Sonderkonstruktionen, wie zum Beispiel Schiebebühnen oder Drehscheiben. Erst nach einer Unterbrechung der Fahrt erlauben diese einen Wechsel der Fahrbahn. 

1797 beschreibt John Kurr[2] erstmals die Konstruktion einer verstellbaren Zunge. Die Zungenweiche stellt bis heute in Europa die häufigste eingesetzte Weichenform dar. Einfache Weichen bestehen aus drei Hauptteilen[3]:  

  • Zungenvorrichtung
  • Zwischenschienenteil
  • Herzstück mit Radlenkern und Fahrschiene

Weichen erhöhen die Kapazität einer Eisenbahnanlage. Sie bilden die Grundlage für eine effiziente Betriebsführung und die Voraussetzung für die Netzbildung. Allerdings unterliegen Weichen aufgrund ihrer konstruktiven Gestaltung einer besonderen dynamischen Beanspruchung. Durch die Unterbrechung der Radsatzführung kommt es in bestimmten Bereichen der Weiche zu deutlich erhöhten Krafteinbringungen. Dies trifft vor allem in den Übergängen zwischen Zunge und Backenschiene sowie Flügelschiene und Herzstück zu. Zwar wirken neue konstruktive Gestaltungen wie bewegliche Herzstücke diesem Phänomen entgegen, dennoch unterliegen Weichen deutlich höheren Beanspruchungen als das freie Streckengleis. Die höhere Beanspruchung spiegelt sich unter anderem in deutlich geringeren Nutzungsdauern und höheren Instandhaltungsaufwänden wider. 

Hauptteile der Weiche
© Plasser & Theurer

Die hohen Investitionskosten und Aufwände in der Instandhaltung von Weichen führen dazu, dass der Einbau von Weichen sorgsam geprüft werden muss. Der Anteil von Weichen am gesamten im Oberbau gebundenen Anlagenvermögen umfasst in Mitteleuropa ungefähr 20 %. Allein für die Investition einer durchschnittlichen Einfachen Weiche (EW500) sind die gleichen Mittel aufzubringen wie für einen halben Kilometer freien Streckengleises. Die gewissenhafte und präzise Instandhaltung der Weiche ist daher auschlaggebend, die angestrebte Nutzungsdauer der Anlage zu erreichen und den sicheren Betrieb der Anlage zu gewährleisten.

Trotz der zahlreichen unterschiedlichen Ausfertigungen ist es möglich, Weichen hinsichtlich ihrer Grundform zu unterscheiden:

  • Einfache Weiche
  • Bogenweiche
  • Doppelweiche
  • Kreuzung
  • Kreuzungsweiche

Bei Einfachen Weichen unterscheidet man zwischen dem schwächer gekümmten Stammgleis und dem stärker gekrümmten Zweiggleis. Im Fall einer Bogenweiche wird oftmals der Zweig mit der höheren Verkehrsbelastung als Stammgleis bezeichnet.

Prinzipiell ist es möglich, eine Weiche in beide Richtungen zu befahren. Das Befahren der Weiche vom Weichenende zum Weichenanfang, also vom Herzstück weg, wird als „stumpf befahren“  bezeichnet. In umgekehrter Richtung spricht man von „spitz befahren“.

Die etablierte Bezeichnung einen Weichung identifiziert alle relevanten oberbautechnischen Bestandteile und lässt ihre betrieblichen Merkmale erkennen:

EW-60-760-1:18-r-Fz-B

EW …                   Weichenart

60 …                     Schienenform

760 …                   Zweiggleisradius

1:18,5 …              Neigung der Weiche

r …                        Abzweigrichtung

Fz …                      Zungenbauart

B …                       Schwellenbauart

Kombination einfacher Weiche als Teil einer Überleitstelle
© Plasser & Theurer

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The Basic Principles of Mechanised Track Maintenance

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  1. [1] Fendrich, L.; Fengler, W.: Handbuch Eisenbahninfrastruktur. Springer, Berlin, 2013.
  2. [2] Curr, J.: The coal viewer, and engine builder's practical companion. printed for the author, by John Northall, Sheffield, 1797.
  3. [3] Matthews, V.: Bahnbau. Mit 60 Tabellen. Teubner, Wiesbaden, 2007.